Grundsätzlich lässt sich die Alexander Technik in jedem Lebensbereich anwenden.
Einige der Themen, bei denen sie sich als hilfreich erwiesen hat, sind:
„Wenn wir lernen, gut mit den Grundlagen des Lebens umzugehen, diesen einfachen Tätigkeiten des Bewegens, Atmens und Sprechens, wieviel größer ist dann unser Potential, anspruchsvollere und kreativere Tätigkeiten zu bewältigen, die sich aus diesen grundlegenden Tätigkeiten entwickeln.“
Glen Park, The Art of Change
Wenn wir eine bestimmte Fertigkeit erlernen – z.B. ein Instrument spielen oder singen – unterschätzen wir gern den Einfluss unserer grundlegenden Gewohnheiten in Haltung, Balance, Bewegung, Vokalisierung …, die unseren Fortschritt beeinträchtigen können. Ehrgeiz und der Wunsch sich zu verbessern oder ein bestimmtes Ziel zu erreichen sind oft auch mit übermäßiger Anspannung und Konzentration verbunden. In unserer wettkampforientierten Welt können die Erwartungen, die wir selbst oder andere an uns stellen, leicht eine Angstreaktion hervorrufen – die Furcht vor dem Scheitern oder vor Fehlern äußert sich auch in übermäßiger Spannung, verengt und verkürzt dadurch unsere Statur, hindert den Gedanken-, Bewegungs- und Atemfluss.
Die Alexander Technik hilft uns, den Wunsch, das Ziel direkt zu erreichen, beiseite zu stellen und stattdessen ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie wir uns in diesem Prozess organisieren. Indem wir uns neu ausrichten, um unsere Gesamtkoordination zu begünstigen, schaffen wir die Umstände, unter denen das Ziel schließlich mit mehr Leichtigkeit „erfolgen“ kann. Häufig stellen wir fest, dass uns dies wieder mit einer (Spiel-)Freude verbindet, die wir verloren hatten.
„Wenn wir aufhören, das Falsche zu tun, tut sich das Richtige von selbst.“
F.M. Alexander
Ob es bei unserer Arbeit vorrangig um Kommunikation, um die Arbeit am Computer oder um eine körperlich aktivere Tätigkeit geht: in der Regel gebrauchen wir dafür zu viel Kraft – ohne es wahrzunehmen. Dies kann zu chronischen Verspannungen und sogar zu Schmerzen führen. Die Alexander-Technik hilft uns, uns mit unserem physischen Selbst vertraut zu machen, unnötige Verspannungen zu lösen und so unser Gefühl dafür zu verfeinern, wie viel Aufwand für eine bestimmte Tätigkeit nötig ist. Wir lernen, während unserer Aktivitäten mit diesem Gefühl in Verbindung zu bleiben.
Die Alexander-Technik ersetzt zwar nicht medizinische Diagnose und Behandlung, aber sie kann helfen, den Teufelskreis zu unterbrechen, der in Gang kommt, wenn chronische Verspannungen Schmerzen verursachen – was zu weiteren Verspannungen führt. Anders ausgedrückt: Wir können lernen, konstruktiver auf die Signale zu reagieren, die wir von unserem Körper erhalten.
Insoweit unsere eigenen Gewohnheiten zu den Beschwerden beigetragen haben, werden diese oft gelindert oder verschwinden sogar, wenn wir lernen, unsere kontraproduktiven Muster aufzulösen. Die Alexander-Technik kann zwar eine therapeutische Wirkung haben, aber sie ist keine Therapie und keine direkte Intervention zur Beseitigung von Schmerzen. Die Wirkung ist sozusagen ein Nebeneffekt, der durch die Anhebung des „allgemeinen Funktionsstandards“ erreicht wird, wie Alexander sagen würde.
Wir denken oft an Sport und körperliche Bewegung als Mittel, um gegen Verletzung und Krankheit zu vorzubeugen. Auch wenn dies in gewisser Hinsicht stimmt, übersehen wir dabei, dass wir natürlich unsere Grundgewohnheiten der Anspannung (oder des Einfallens) auch in diese Aktivitäten einbringen – die Gewohnheiten werden mit „trainiert“. Wir unterschätzen die langfristigen Auswirkungen unserer Haltungs- und Bewegungsgewohnheiten auf unsere allgemeine Gesundheit; den Druck und die Belastung, die wir Tag für Tag auf uns selbst ausüben. Die Alexander-Technik beschäftigt sich hiermit: Indem wir unser Bewusstsein für uns selbst verfeinern und lernen, Gewohnheiten unnötiger Anspannung aufzulösen, tragen wir dazu bei, Verletzungen auf einer grundlegenderen Ebene vorzubeugen. Wir neigen weniger dazu, unsere Muskeln, Gelenke und Bänder zu überlasten oder uns zu weit über unsere aktuellen Fähigkeiten hinaus zu treiben; unsere reflexiven Reaktionen auf Stolpern oder Fallen werden effizienter.
Das ist Prävention durch aktives „Nicht-Tun“.
Wir sind mit einem erstaunlichen System der Genesung von Verletzung oder Krankheit ausgestattet. Die Alexander Technik kann helfen, kompensatorische Spannungsmuster zu erkennen und rückgängig zu machen, die sich möglicherweise bei dem Versuch entwickelt haben, Schmerzen zu vermeiden oder einen verletzten Körperteil zu schützen. Sie hilft uns, Gewohnheiten aufzugeben, die zumindest teilweise zu der fraglichen Verletzung beigetragen haben könnten. Sie kann uns helfen zu erkennen, wann Ungeduld, oder wie F. M. Alexander es ausdrückt, „Ziel-fixiertheit“ den Heilungsprozess behindert.
Viele Frauen leiden insbesondere in den letzten Monaten der Schwangerschaft unter Schmerzen im unteren Rücken. Das Gewicht des heranwachsenden Babys zieht den Körper dann nach vorne, was eine mühelose Balance im Stehen erschwert. Die Alexander Technik hilft uns, konstruktiver mit der Schwerkraft umzugehen und so auch effektiver mit dem zusätzlichen Gewicht umzugehen, das wir während der Schwangerschaft tragen. Auch in den ersten Monaten und Jahren nach der Geburt kann das Heben und Tragen des (wachsenden!) Kindes ein Thema sein.
Während der Geburt sind Schmerzen – und die Angst vor Schmerzen – ein starker Reiz, den Atem anzuhalten, sich zu verengen und anzuspannen, als wolle man sich gegen die Erfahrung wappnen, was die Situation natürlich erschwert. Die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf den ganzen gestützten, atmenden Körper auszuweiten, und sich auch in dieser Lage in Länge und Breite auszurichten, kann sowohl den Umgang mit dem Schmerz als auch den Geburtsprozess selbst erheblich erleichtern.
Der amerikanische Pädagoge und Philosoph John Dewey, ein Schüler Alexanders, bezeichnete die Alexander Technik als eine Methode, die es ermöglicht, denken und handeln zusammenzubringen („to think in activity“). Diese Praxis des inneren Dialogs zu entwickeln, das Bewusstsein für das eigene physische Selbst in alltägliche Aktivitäten einzubringen, zu lernen, unkonstruktive Gewohnheiten des Festhaltens oder Einfallens zu registrieren, und die Fähigkeit zu entwickeln, innezuhalten, die automatische Reaktion wegzulassen … bedeutet, die Praxis der „Achtsamkeit“ auf eine konkrete, alltägliche Ebene zu bringen.
Alexander betonte immer wieder den präventiven Charakter seiner Arbeit und war daher überzeugt, dass Kinder sie von klein auf lernen sollten.
weiterführendes Video: Alexander Technique in education